Heimatküche südlich des Soßen-Äquators
Alexander Rapp stand als Koch in vielen Sterne-Küchen. Heute will er seinen Gästen all die verführerischen Gourmethappen der kulinarischen Welt in seinem kleinen Flecken Buchenberg servieren. „Natürlich verarbeiten wir in der Küche alle guten Lebensmittel der Region“, garantiert er. Das beginnt bei den Kartoffeln des Bauern aus der Nachbarschaft, oder dem Rindfleisch der Vorderwälder Rinder des Landwirts Richard Weisser aus Tennenbronn. „Aber deshalb will ich nicht auf echte, französische Jakobsmuscheln, oder Ente mit asiatischen Gewürzen oder Atlantik-Steinbeißer verzichten.“ Dennoch steht als unverzichtbarer regionaler Fels in der Brandung Rappscher internationaler Genüsse der Zwiebelrostraten. „Mit Soße!“, schmunzelt der Küchenchef, „wir leben südlich des Soßen-Äquators, ohne eine gute Soße geht bei uns gar nichts!“
Befreundete Kollegen aus Hamburg oder Sylt, wo Alexander Rapp kochte, staunen, wenn sie ihn in seiner Küche besuchen. 30 Liter-Töpfe gefüllt mit 30 Kilo Kalbsknochen, Wurzelgemüse und feinstem Rotwein simmern bei ihm auf dem Herd. Zweimal die Woche setzt er einen Topf an, am Ende bleiben ihm 10 Liter Kalbssoße um die verschiedensten, fein abgeschmeckten Jus anzurichten. Zweimal die Woche! Alexander Rapp lacht: Er kennt die Geschichte der Schwaben – Spätzle mit Soß – und ist stolz auf seine Soßen: „Aber wenn die Gäste wüssten, mit welchem Aufwand wir diese Soßen kochen, bis sie so schmecken, dass ich zufrieden bin …“.
„Nur Gutes zu servieren hat bei uns Familientradition“, sagt Alexander Rapp wie nebenbei. Doch ohne Zweifel ruht nur darauf der Erfolg des alteingesessenen Café Rapp. Vater Ernst backt heute noch jeden Kuchen mit all seiner Liebe und Leidenschaft zum Bäckerhandwerk, wie seine Mutter Christel früher ihren Tafelspitz den Gästen servierte. „Besser kann ich ihn nicht machen“, gibt der vom Gourmetführer Michelin ausgezeichnete Koch Alexander Rapp zu, „ich kann den Tafelspitz vom Kalb, statt vom Rind verwenden, aber die Zubereitung meiner Mutter war einfach perfekt!“ Nur Heimatküche ist nicht das Thema des jungen Küchenchefs und doch schmeckt man die Tradition der Familie Rapp. „Es muss halt gut schmecken!“, spielt er den Ball flach. Freilich hat seine Mutter auch schon gute Soßen gezogen, aber der Aufwand den ihr Junior heute betreibt, ist die Kunst der Gourmetköche. Um einen Soßenfond zu ziehen, setzt er die Soße zweimal an. Dabei kümmert er sich zwei Tage lang um einen Topf, kocht auf, lässt ihn abkühlen, damit die Aromen reifen und wirken können und setzt am zweiten Tag erneut einen Fond an, den er mit der abgekühlten Soße des Vortags aufgießt. Das erst gibt den intensiven Geschmack, ist aber nur die Grundlage für das Finish des endgültigen Soßentopfes: Aus 30 Liter Soßenansatz werden zehn Liter Kalbsjus, Wildjus, Rehjus oder Lammjus. Dafür kocht der Mann die Soße nochmals ein, dann mit Wild oder Lammknochen. „Reduzieren, reduzieren!“, sagt Rapp, „bis wir am Ziel sind: Nur der Geschmack zählt!“
„Hier stimmen Qualität, Geschmack und Preis!“, schreiben die gestrengen Michelin-Tester über Rapps Küche. Das herzhafte Rumpsteak der Tennenbronner Vorderwälder Rinder beweist sich ohne Zweifel als feinste Heimatküche, wobei die herzhafte Kalbsjus den schwäbischen Klassiker kulinarisch mit einer Gourmet-Soße krönt. Wer den perfekt gegarten Zwiebelrostbraten mit der Kalbsjus genießt, schleckt die letzten Tropfen der Soße auf – Heimatküche hin oder her.
Keine Kommentare